Wenn man einem Nichteuropäer erklären möchte, was das
besondere an der berühmten „Deutschen Gründlichkeit“ sei,
welche zudem in der deutschen Bürokratie inkarniert, dann
empfehlen wir dem Interessierten gerne, er möge einfach mal
in Deutschland
einen Bauantrag stellen …
Man baut wie selbstverständlich Begriffe wie „B-Plan“, „Öffentlich
bestellter Vermesser“, „Amtlicher Lageplan“, „Ein- und Auswurfs-
fläche“ und vieles mehr in sein Vokabular ein. Der Bauantrag hat
den Umfang eines mittleren Drehbuches und muss dann in
3-facher Ausführung schriftlich und zusätzlich auf mehreren
„Elektronischen Datenträgern“ ( 3 CDs ) bei der „Unteren Bauauf-
sichtsbehörde“ eingereicht werden. Auf dem „Amtlichen Lageplan“
mit „eingebrachtem Objekt“ muss sogar der Stellplatz für die
Mülleimer verewigt sein. Das Argument, dass wir unseren Müll
aufessen, wollte man nicht gelten lassen.
So Kleinigkeiten wie Bodengutachten oder Bepflanzungsvorgaben
gemäß der B-Plan-Satzung etc. , lernt man zu egalisieren.
Da wir in einem noch mit Trinkwasser unerschlossenen Dorf bauen
wollten, mussten wir für das neue Haus einen Brunnen bauen
lassen. Das hier die „Untere Wasserbehörde“ ein paar Über-
raschungen auf Lager hat, verwunderte nicht. Die Mitbenutzung
des vorhandenen Brunnens auf dem Nachbargrundstück
(unser eigenes) geht natürlich nicht. Auch nicht für die
Übergangsphase, bis 2021 die neue Trinkwassererschließung
kommt. Eine Brunnenbohranzeige reicht auch nicht mehr. Der
Antrag zur Errichtung eines Brunnens muss dem Bauantrag
beigefügt werden. Die Untereinheit Bauaufsicht reicht dieses
Ansinnen dann weiter an die Untereinheit Wasseraufsicht. Diese
gibt dann nach gründlicher Prüfung diesen Antrag grünbestempelt
wieder zurück an die Untereinheit Bauaufsicht, damit diese dann
erst den Antrag weiter bearbeiten darf. Parallel geht hier nichts.
Wir wurden auch mehrmals mit Nachforderungen seitens der
„Unteren Bauaufsichtsbehörde“ konfrontiert. Da wir jedes mal
persönlich in den Räumlichkeiten dieser Untereinheit eingeritten
sind, hatten wir letztendlich den längeren Atem und der Bauantrag
wurde noch rechtzeitig genehmigt. Der für die Erstellung dieses
Bauantrags von EBK beauftragte Architekt, wurde von uns nicht als
hilfreicher Begleiter, sondern eher als Bremsklotz wahrgenommen.
Seine Hauptaufgabe verstand er nach unserer Beurteilung in der
regelmäßigen Überprüfung seiner eigenen Nichtzuständigkeit.
Der wäre nach unserer Einschätzung als Erfüllungsgehilfe in der
obig erwähnten Untereinheit Bauaufsicht viel besser aufgehoben.
Pragmatismus geht anders. Wir verstehen jetzt auch viel besser,
warum so etwas in anderen Kulturkreisen auch anders
geregelt wird. Dort legt man sein Ansinnen einem Gebietsbe-
auftragten unter Zuhilfenahme einiger Währungseinheiten vor…
und das war´s. Wenn man hier in Deutschland versucht,
Bauprojekte selbst mit Kofferaumladungen voll mit
Kompensationsgütern zu beschleunigen, dann kann es sein, dass
der Eröffnungstermin eines Großflughafens schon mal um mehr
als acht Jahre verzögert wird. Wenn wir das so betrachten, haben wir
richtig Glück gehabt. Wir haben „nur“ die offiziell zulässigen
unzähligen „Kleinbeträge“ an Verwaltungsgebühren bezahlt.
Als sichtbares Zeichen für die behördliche Weihe des Bauvor-
habens bekommt man ein DIN-A4 Blatt mit einem großen roten
Punkt, welches man deutlich sichtbar an der Baustelle aufhängen
muss. Wer es bis hierher geschafft hat, hat sich redlich das nächste
Spiel-Level verdient. Und wie das mit Spiel-Leveln eben so ist.
Die werden immer schwieriger.